Canon EOS R-Kameras, eine kurze Übersicht für Unentschlossene

Ich habe bislang für jede Kamera der EOS-R-Reihe bis auf die R3 und die R100 zusammen mit Holger Haarmeyer ein Buch (die Links im Text verweisen auf die Bücher) geschrieben. Canon versucht, seine Kameras für bestimmte Nutzer maßzuschneidern. Das wird manchmal vielleicht etwas unübersichtlich, deswegen möchte ich im folgenden einen Überblick geben:

EOS R3: Profikamera mit 24 MP, sehr robust, der Sensor lässt sich sehr schnell auslesen, so dass Sie mit elektronischem Verschluss blitzen können und kaum rolling shutter erleben. Der AF-Bereich lässt sich auch mit den Augen positionieren, dass heißt, über Ihre Blickrichtung im Sucher. Der Name R3 impliziert, dass es noch eine R1 geben wird, die die R3 übertreffen wird, auch wenn die R3 die EOS 1DX Mark III bereits deutlich übertrifft.

EOS R5: 45 MP, 8K-Video in Raw-Qualität, allerdings bekommen Sie im Video irgendwann thermische Probleme, weswegen es auch eine EOS R5C gibt, die gekühlt wird, dafür aber keinen IBIS hat und deren Steuerung mehr für Video optimiert wurde. Die Kamera ist schnell mit 12 Bildern/s und 20 elektronisch, der AF ist sehr gut, wird aber von neueren Kameras wie der EOS R6 Mark II übertroffen. Die Kamera hat eine gute Bildqualität, einen hervorragenden Sucher und ist als Arbeitspferd für Profis ausgelegt. Man kann aber spüren, dass Canon sie vielleicht dieses Jahr noch ersetzen wird, weil die Vorteile in der Konfigurierbarkeit und in den Features der neueren Kameras nicht in Firmware-Updates für die R5 auftauchen. Inzwischen ist der Preis auch um 500€ gesunken. Großartige Kamera, aber in manchem fühlt sie sich nicht mehr ganz up-to-date an, wenn man viel mit der R6 Mark II gearbeitet hat. Ich besitze sie und werde sie noch lange nutzen, aber wer warten kann, guckt vielleicht, was der Nachfolger kann. Da im nächsten Jahr Olympiade ist und vorher oft eine neue Profikamera (R1 diesmal) kommt und Canon meist die Technik in einer anderen Kamera davor bringt, könnte die R5 II eine neue Generation einleiten und z.B. den Nachfolger des DIGIC X-Prozessors mitbringen. UPDATE: Inzwischen (6.3.23) gibt es Gerüchte über ein größeres Firmwareupdate, dass der Kamera einige Möglichkeiten der EOS R6 Mark II bringt. Das würde die Kamera für eine längere Laufzeit fit machen und wäre eine gute Nachricht für jeden Besitzer. Ich hoffe, dass Canon dann auch den einzigen Punkt behebt, der mich wirklich nervt, nämlich das Suchervergrößerung bei Motiverkennung nicht möglich ist und dass nach dem Update die Umschaltung zwischen elektronischem und halbmechanischem Verschluss auf eine Taste gelegt werden kann.

EOS R6 Mark II: 24 MP, 12fps mechanisch, 30fps elektronisch, Raw-Burst zeichnet eine halbe Sekunde (15 Bilder) vor der Auslösung auf. Es passt der Batteriegriff der R5 oder R6. Der elektronische Verschluss ist recht schnell, so dass rolling shutter kein großes Problem ist und sich somit Raw-Burst auch für die Vogelfotografie im Flug eignet, von seltenen, sehr schnellen Flügelschlägen abgesehen. Die Konfigurierbarkeit der Bedienung ist sehr gut, Canon hat sich da sehr weiterentwickelt. Störend sind für mich nur die Amateurfunktionen wie „Hybrid-Auto“, die teilweise unausgegoren sind und in Kameras 2-3 Kategorien darunter passen würden. Diese lassen sich aber leicht ignorieren und ändern nichts an der hervorragenden Eignung als Profikamera. Video mit 4K60 oder 6K extern ist ebenfalls in sehr guter Qualität möglich. Wer hohe Ansprüche hat und mit 24 MP auskommt, wird mit der Kamera glücklich.

EOS R6: 20 MP und 12fps/20FPS. ein paar weniger Features als der Nachfolger, AF etwas schlechter, was sie aber nur merken, wenn Sie z.B. sehr große Teles mit geringer Anfangsblende verwenden, dann ist der AF-Bereich etwas kleiner und die Treffsicherheit etwas geringer als bei der R6 II. Gut bei schwachem Licht, Events, People und Action, die R6 II ist aber eine echte Überlegung für Neukäufer, ein Wechsel von der R6 auf die R6 II lohnt sich aber nur für bestimmte Anwender, die z.B. den elektronischen Verschluss häufig benötigen.

EOS R7: APS-C Kamera, solide und mit 15fps/30fps schnell. Sehr guter AF und gute Ergonomie, zwei Speicherkartenslots, aber kein Batteriegriff möglich. Der IBIS kann sogar einen schiefen Horizont ausgleichen, das ist einmalig bei der R7 (verlangsamt aber die Serienbildgeschwindigkeit). Die Bildqualität ist bei 32 MP sehr gut, eine kleine Schwäche ist der etwas langsamer auszulesende elektronische Verschluss, der den Ausschuss beim Raw-Burst ein wenig ansteigen lässt. Für Naturfotografen eine günstige und gute Option, weil auch die Objektive weniger Brennweite brauchen und insgesamt günstiger zu beschaffen sind.

im Raw-Burst Modus mit Voraufnahme mit der EOS R7 aufgenommen. Der elektronische Verschluss ist hier schnell genug, um keine sichtbaren Verzerrungen zu erzeugen.

EOS R8: Selber Sensor wie bei der R6 Mark II, kein IBIS, langsamer Verschluss im halbmechanischen Modus (6fps), vollmechanisch gar nicht, elektronisch aber ebenfalls 40 Bilder/s. Kleines Gehäuse ähnlich der RP, kleinerer Akku, nur ein Speicherkartenslot. 1000 € günstiger als die R6 Mark II. Man könnte sie als Amateurvariante der R6 Mark II bezeichnen, sie hat viele der Stärken der R6II, aber einige auch nicht.

EOS R: Die erste Kamera der Serie, 30 MP mit dem Sensor der EOS 5D Mark IV und entsprechend guter Bildqualität. Sie ist deutlich langsamer als die neueren Modelle, aber z.B. für People und Events, auch bei schwachem Licht, immer noch sehr gut. Kein IBIS, keine zwei Speicherkartenslots, 4K 10Bit-Video nur bei externer Aufzeichnung, Batteriegriff möglich.

EOS RP: Kleiner, leichter Body, Sensor mit 26MP, gleich der 6D Mark II, kleiner Akku. Langsame Serienbildgeschwindigkeit und durch den vergleichsweise geringen Dynamikumfang weniger Reserven bei nachträglicher Bildaufhellung. Der elektronische (leise) Verschluss steht nur als Kreativmodus mit eingeschränkten Steuerungsmöglichkeiten zur Verfügung. Gut bei schwachem Licht und eine kleine, leichte und günstige Vollformatkamera.

Ein Bussard, aufgenommen mit der EOS R10

EOS R10: Die Amateurversion der R7 in gewisser Weise. Der Body ist nicht so groß und solide, kleiner Akku, es gibt nur einen Speicherkartenslot und keinen IBIS, dafür ist der AF sehr gut und die Bildqualität bei 24 MP APS-C sehr ordentlich. Die günstigste Kamera, mit der die Vogelfotografie noch richtig Spaß macht, weil der AF super ist und die Serienbildgeschwindigkeit (15fps/23fps) und der Puffer auch gut sind. Die R7 ist in vielen Bereich etwas besser, aber die R10 ist mächtiger als man denkt, wenn man Sie in die Hand nimmt. Apropos Hand: Als großgewachsener Mann kam es bei mir schon zu unabsichtlicher Bedienung der rechten Kreuztaste mit dem Handballen, ich konnte die Kamera so konfigurieren, dass das nicht mehr störte, aber die Kamera eignet sich eher für diejenigen, die wirklich eine kleine, leichte und günstige Kamera suchen, mit der sie trotzdem alles in den Kasten kriegen können.

EOS R50: Noch kleiner und leichter und aufgeräumter als die R10. Eine Einsteigerkamera mit 24 MP mit sehr gutem AF und ordentlichen Videomöglichkeiten, die aber echte Einschränkungen bei Reihenaufnahmen mit sich bringt: Nach 7 Raws ist der Puffer voll und wird auf die UHS-I Speicherkarte auch nicht so schnell weggeschrieben, wie das bei den anderen Kameras der Fall ist. Die Kamera ist für diejenigen gedacht, die vorher mit dem EOS-M-System glücklich geworden wären. Kleine Kamera, gute Qualität, einfache Bedienung, schön für die Reise aber nichts für jemanden, der auch mal 2000 Bilder am Tag aufnimmt, um ein paar perfekt eingefangene dabei zu haben. Es gibt ein preislich und qualitativ interessantes Doppelzoom-Kit zur Kamera, dass 18-210mm Brennweite abdeckt. Die Kamera hat keine herkömmlichen Blitzkontakte mehr, wenn Sie einen älteren oder Fremd-Blitz verwenden möchten, benötigen Sie den AD-E1-Adapter.

EOS R100: Die EOS R100 ist die günstigste und leichteste der Kameras des R-Systems. Allerdings werden diese Eigenschaften durch einige Einschränkungen erkauft: Die Kamera hat einen alten Prozessor, der der R100 nur die Gesichtserkennung, aber nicht die Erkennung von Tieren gestattet. Die Kamera hat keinen Touchbildschirm. Die Kamera hat nur ein Einstellrad, was die Benutzung im Manuellen Modus etwas langsam und fummelig macht. Wer eine Einsteigerkamera sucht, die mit RF-Objektiven klarkommt und selbst Einsteiger bleiben möchte und sich für die Tierfotografie nicht interessiert, kann drüber nachdenken. Wer aber mit der Kamera wachsen und ernsthaft in die Fotografie einsteigen möchte, sollte weiter oben im Kameraprogramm wählen. Mir selbst und Holger Haarmeyer ist die Kamera zu freudlos, deswegen wollten Holger und ich kein Buch darüber machen. Unser Verlag bringt aber eines.

Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass Sie unbedingt eine der größeren Kameras benötigen, um die Fotografie zu erlernen. Ich selbst habe mit einer Olympus OM-10 angefangen, ein reiner Zeitautomat, um die Belichtung zu beeinflussen, musste ich den ISO-Wert umstellen. Aber aus einer R100 werden Sie schneller herauswachsen als aus einer R7, zumindest wenn Sie auch schnell arbeiten möchten oder müssen.

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