Erfahrungen mit der EOS R

Ich arbeite seit dem ersten Tag der Verfügbarkeit (9.Oktober 2018) mit der EOS R und habe inzwischen gut über 20.000 Aufnahmen mit ihr gemacht und mit Holger Haarmeyer ein Buch über sie geschrieben. Mit Canon arbeite ich seit den 90er Jahren und mit spiegellosen Kameras seit 2014. Obwohl die Kamera nicht perfekt ist, ist sie in manchen Beziehungen die beste Canon und die beste Spiegellose, die ich je besaß.

Momentan kann ich die EOS R am besten mit meiner EOS 5D Mark IV und meiner Sony A7R III vergleichen. Die 5D Mark IV ist solider gebaut und hat zwei Speicherkartenslots, unter harten Bedingungen würde ich sie deswegen wahrscheinlich vorziehen. Die EOS R hat aber den deutlich besseren AF, genauer, mit viel größerer Abdeckung und bei schwachem Licht besser. Zudem lässt sich der AF-Punkt auch beim Blick durch den Sucher mit dem Daumen auf dem Touch-Bildschirm verschieben. Mit dem Klappbildschirm ist sie auch eine kreativere Kamera.

Der AF der EOS R reicht extrem weit an den Bildrand, meine 5D Mark IV hätte wahrscheinlich schon längst den Fokus verloren.

Im Verhätnis zur A7R III ist der AF bei schwachem Licht deutlich besser, die Kamera ist ergonomischer und der Sucher ist besser, vor allem auch wieder bei schwachem Licht. Da verschwimmt der Sonysucher, während die Canon klar bleibt. Die Bedienung und der Touchbildschirm sind bei der Canon auch besser. Die Sony liegt beim Sensor und beim IBIS vorn, IBIS hat die EOS R leider gar nicht. Das Top-Display der EOS R ist ebenfalls ein Vorteil, der Blitzschuh ist robust und Canons Blitzsystem ist auch besser. Ebenso ist die manuelle Scharfstellung bei Canon besser gelöst. Dafür hat die Sony mehr Auflösung und ist trotzdem schneller. Ich hatte eine Reihe von Veranstaltungen bei schwachem Licht zu fotografieren, zu denen ich die Sony und die Canon mitgenommen habe. Mit der Zeit hat sich die Canon als die Kamera herausgestellt, mit der ich unter in diesen Bedingungen lieber gearbeitet habe und mehr AF-Treffer hatte. Was nicht heißen soll, dass die Sony bei anderen Aufgaben auch hinten liegen würde, das ist ebenfalls eine sehr gute Kamera. Ein Vorteil der Canon ist, dass sie beim Ausschalten den Verschluss zu macht, so dass der Sensor nicht verdreckt. Das ist bei der Sony ein echtes Problem, zumal die interne Sensorreinigung bei mir noch nie auch nur ein einziges Staubkorn entfernt hat. Ein Blasebalg in der Kameratasche ist bei der Sony Pflicht.

Das RF35mm f1,8 STM besitzt ein angenehmes Bokeh

Ich arbeite hauptsächlich mit EF-Objektiven, sowohl mit dem mitgelieferten Adapter als auch mit einem zusätzlichen Einstellring-Adapter. EF-Objektive funktionieren ohne Einschränkungen an der EOS R. Wenn es überhaupt eine Veränderung zu vorher gibt, ist es eine Verbesserung, weil der AF der EOS R auch bei schwierigen Objektiven (50mm f1,2L USM, 85mm f1,2L USM) sehr exakt ist. Ich habe ein RF35mm f1,8 STM gekauft, auch um einen Vergleich zu nativen Objektiven zu haben. Außer der Schnellansicht, die für mich keinen so großen Unterschied macht und der Anzeige der Einstellentfernung bei manueller Scharfstellung im Sucher ist nichts zu bemerken. Das RF-Bajonett macht ganz andere Objektive möglich, Canon hat für dieses Jahr wohl schon acht Neuerscheinungen in der Pipeline, während es um EF eher sehr ruhig bleiben wird. Das RF35 bildet mit der EOS R eine schöne kompakte Einheit, der AF ist sehr schnell, die Schärfe sehr gut, das Bokeh angenehm aber nicht langweilig. Es verzeichnet sichtbar, aber nur, wenn Sie keine Objektivkorrektur verwenden. Im Nahbereich geht es bis 1:2. Ich mag es, es wäre schön, wenn Canon auch ein 50er und ein 85er in gleicher Qualität und Lichtstärke anbieten würde, im Moment konzentrieren Sie sich aber eher auf teurere Profiobjektive, wohl auch, um der kommenden Profi-EOS-R den Boden zu bereiten. Zuerst wird aber am 14.2. die EOS RP vorgestellt, die deutlich günstiger, kleiner und leichter als die EOS R wird.

Ich würde die EOS R wieder kaufen und bin insgesamt positiv überrascht. Ob das die richtige Kamera für Sie ist, müssen Sie allerdings abwägen. Sie könnte schneller sein, IBIS wäre nicht schlecht und ein zweiter Speicherkartenslot wäre auch sinnvoll. Spätestens Anfang 2020 wird Canon sicher eine bessere (und teurere) R bringen, am 14.2 wird Canon wohl die günstigere und leichtere EOS RP vorstellen, die Kamera soll sogar leichter werden als eine EOS 800D. Und die EOS R wird selbst auch noch besser werden nach dem nächsten Firmwareupdate, das Augen AF im Serienbild und Serienaufnahmen mit dem geräuschlosen Verschluss bringen wird. Als Start in ein neues System ist die EOS R gelungen, aber es wir noch viel kommen, was über sie hinausgehen wird.

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