Ein Blick in die Glaskugel für 2016

Wie auch schon im letzten Jahr (https://fotoschule.westbild.de/2014/12/ein-blick-in-die-glaskugel-fuer-2015/) möchte ich ein bisschen nach vorne gucken und über Entwicklungen berichten, von denen ich vermute, dass sie die nächste Zeit bestimmen werden. Ich erwarte dabei keine 100% Treffgenauigkeit, aber möchte zumindest interessante Anregungen geben, um über den Fotomarkt nachzudenken.

Ich erwarte Folgendes für die nähere Zukunft der Fototechnik:

  • Abschied vom Bayermuster: Das Bayermuster kommt langsam an die Grenzen, Canon hat bereits Prototypen mit 250MP vorgestellt. Ich vermute, dass diese schon nicht mehr mit dem Bayermuster arbeiten, weil die Beugungsgrenze dann schon bei unter f4 liegen würde, also man bei weiterer Abblendung die Auflösung des Sensors nicht mehr sinnvoll nutzen könnte. Nun sind die Megapixel mit dem Bayermuster ohnehin etwas gemogelt, weil ja Pixel mit einer einzelnen Farbe (Rot, Grün oder Blau) in der Interpolation zu echten RGB-Pixeln werden. Wenn man die Farbpixel untereinander legt, hat man echte Farbpixel und keine Probleme mehr mit Farbmoiré. Die Marketingabteilung wird die Pixelzahl wahrscheinlich analog dem Bayermuster angeben, zumindest vorerst, so dass 250MP in Wirklichkeit nur aus 83,3 Millionen einzelnen Flächen bestehen, die Rot, Grün und Blau untereinander aufzeichnen, wie das zum Beispiel Sigmas Fovoen heute schon tut. Mit dem Bayermuster werden wir auch vom AA-Filter Abschied nehmen, weil er dann nicht mehr notwendig ist, um Moirés zu vermeiden.
  • Canon macht die AD-Wandlung on Chip: Dass bei Canon die Schatten manchmal nicht ganz so gut nutzbar sind, wie zum Beispiel bei Sony-Sensoren, liegt auch an der etwas komplizierten Art, wie Canon die analogen Sensorwerte in Digitaldaten umwandelt. Ich erwarte, dass Canon das zeitnah ändert.
  • Langsamer Abschied von CF: Die CF-Karten sind am Ende Ihrer Leistungsfähigkeit angelangt, bei 166MB/s ist Schluss, solche Karten sind schon lange im Handel. High-Megapixel-Kameras brauchen für schnelle Bildfolgen mehr, ich vermute das CFast die CF-Karten ablösen wird.
  • UHS-II endlich auch in der Kamera: SD-Karten schaffen mit dem UHS-II-Standard bis zu 312 MB/s, bislang machen das die Kameras aber noch nicht mit. Ich erwarte, dass der Standard dieses Jahr auch in den besseren Kameras implementiert wird.
  • DSLRs zeigen noch mal, was sie können: Es werden Spiegelreflexkameras auf dem Markt kommen, die noch einmal bessere AF-Systeme mitbringen, schneller sind und deutlich zeigen, wo sie spiegellosen Systemen überlegen sind. Die spiegellose Technik hat es erst dann wirklich geschafft, wenn Sie bei Sportveranstaltungen zu einem Drittel Spiegellose in der Hand der Profis sehen.
  • Schwierige Zeiten für das Mittelformat: Die neuen Kameras mit über 40MP lassen den Vorsprung der Mittelformatkameras in der Bildqualität schrumpfen, in fast allen anderen Punkten hatten sie nie einen. Wenn jemand eine Spiegellose mit ein paar guten Objektiven und einem tollen MF-Sensor in einer Preisklasse auf den Markt bringt, die noch leicht unter der Pentax 645Z liegt, dann hätte er Chancen bei vielen Fotografen, die klassischen MF-Systeme werden eher Probleme haben, ihre ohnehin geringen Kundenzahlen zu halten.
  • Auflösungsunabhängige Sensoren: Zumindest bei kleineren Sensoren werden wir Systeme sehen, die nicht mehr auf statische Pixelgrößen setzen, sondern jedes Photon einzeln erfassen und je nach ISO-Wert unterschiedliche Auflösungen erzeugen. Quantum-Dot-Sensoren werden wahrscheinlich zuerst in Smartphones auftauchen.
  • Der Sensormarkt wird spannend: Im Moment hat Sony schon einen Anteil von über 42% und hat gerade das Sensor-Geschäft von Toshiba übernommen. Während Nikon die D800 deutlich vor der A7R von Sony auf den Markt gebracht hat (beide mit 36MP-Sony-Sensor), scheint Sony heute seine neuen Sensoren zuerst in eigene Kameras einzubauen. Im Mittelfomatbereich haben Hasselblad, PhaseOne und Pentax auch den selben Sony-Sensor im Einsatz. Sonys Marktmacht ist nicht ohne Risiken für die anderen Teilnehmer.
  • Trend zu Größe und Qualität: Während immer mehr auch gut mit einem Smartphone aufgenommen werden kann und der Normalbürger entweder schon zufrieden mit seiner jetzigen Kamera ist, auf dem Gebrauchtmarkt fündig wird oder in der Einsteigerklasse (in der der Preisdruck hoch ist) bereits ausreichende Qualität erhält, lässt sich am besten Geld verdienen mit wirklich hochwertiger Technik, großen Bildsensoren und High-End-Objektiven. Der Fotomarkt wird dabei weiter etwas schrumpfen, wenn man von Smartphones absieht. Aber manche Fotohersteller werden Ausweichmärkte erschließen in den Bereichen Überwachungstechnik, Bilderkennung und „Augen“ für die Robotik.
  • Das Smartphone wird immer mehr können: Hier liegt der eigentliche fotografische Massenmarkt, wer seine Geräte im hochpreisigen Segment anbieten möchte, wird sich auch über die fotografischen und filmischen Möglichkeiten vom Wettbewerb absetzen wollen. Wir werden Smartphones sehen, die mehr als eine Kamera gleichzeitig zu Bilderstellung verwenden werden, etwa um 3D-Techniken zu ermöglichen (inkl. Vermessung) oder um geringe Schärfentiefe als Gestaltungselement zu ermöglichen.
  • Beschleunigung der Entwicklung: Während es für den einzelnen Fotografen sich vielleicht anders anfühlen wird, wird sich die Technik der Bilderfassung rapide fortentwickeln. Manches von dem wird für den Consumer gar nicht mehr interessant sein, sondern eher für die Wissenschaft oder für die maschinelle Verarbeitung optischer Informationen.
  • Der Computer beginnt, die Bildauswahl selbst vorzunehmen und Serien zusammenzustellen: Es werden immer mehr Bilder aufgenommen, gleichzeitig haben Computer immer mehr Einblick, welche Bilder den Menschen im Gedächtnis bleiben bzw. eine Wirkung auslösen. Google Fotos erstellt heute schon selbsttätig Kollagen aus Ihren Bildern oder kombiniert ein Bild aus verschiedenen Aufnahmen. Das Smartphone wird ihnen sagen können, welches Selfie das beliebteste Profilbild ergeben wird, eine Kamera selbsttätig aus einer schnellen Sequenz das (ihrer „Meinung“ nach) beste Bild auswählen. Es wird selbstoptimierende Werbetafeln geben. Die Möglichkeiten der Maschinen, uns ein bestimmtes Verhalten nahezulegen, werden ständig wachsen, nicht nur im Bildbereich.
  • Mehr Gadgets: in einem zunehmend gesättigten Fotomarkt wird es immer wieder Raum für neue Produkte geben, die genug Charme haben, um sich auch über eine Kickstarter-Kampagne finanzieren lassen. Mit ein paar Bildsensoren und etwas Software lassen sich viele Produkte realisieren, für die es bisher noch keine Nische gab.

Die Sony A7R II und die Canon EOS 5DS R in der Praxis – ein Vergleich

Ich habe die EOS 5DS R und die Sony A7R II seit jeweils dem Tag, als sie auf den Markt kamen, im Einsatz. Die Canon war sofort in einer umfangreichen Canon-Ausrüstung zu Hause, während ich die Sony hauptsächlich mit dem Metabones-Adapter und Canon- bzw. Sigmaobjektiven verwendet habe. Das Sony-System wurde allerdings um das 90mm-Makro und den HVL-F60M-Blitz ergänzt. Sowie um den Batteriegriff und zwei weitere Akkus.

Auf La Palma konnte ich beide Kameras in Ruhe nebeneinander verwenden und hatte den direkten Vergleich. Ich will das Ergebnis in kurze Einzelwertungen aufteilen, sehen Sie die als persönliche Erfahrungswerte und ohne Anspruch auf absolute Allgemeingültigkeit:

  1. Bedienung: Die Sony ist umfangreich zu konfigurieren und hat einen Schwenkbildschirm. Allerdings sind die Konfigurationsmöglichkeiten auch notwendig, weil sie im Ausliefernungszustand nicht optimal ist. Bei mir hat sich der ISO-Wert oft verstellt, der Bildschirm war kaum zu betrachten, weil bei meiner Kamera schon in ca. 50cm Entfernung bei Annährerung der Sucher eingeschaltet wird, die Umschaltung habe ich dann auf eine Taste gelegt. Die 1:1-Rückschau braucht drei Sekunden, während sie bei Canon praktisch unverzögert erscheint. Manche Einstellungen sind tief im Menü versteckt und insgesamt ist die Kamera eher unübersichtlich. Die Canon hingegen lässt einen alles Wichtige in Schnellmenüs packen, ist im Auslieferungszustand schon viel runder und ist praxistauglicher. In der Bedienung liegt Canon vorne.
  2. Gehäuse: Sie Sony ist schön klein und hat einige schöne Details. Viele Dinge sind aber fummelig und lassen sich auch kaum besser einstellen. Die Wahl der AF-Messfelder ist zum Beispiel eher anstrengend. Das eckige Design ist zwar ganz schön, allerdings schaben die Ecken schon nach wenigen Tausend Aufnahmen so ab, dass das Metall durchscheint, während die Canon noch wie neu aussieht, obwohl ich damit deutlich mehr Aufnahmen gemacht habe. Auch ist die Sony die erste Kamera, für die ich eine Displayschutzfolie gekauft habe, weil es schnell begann, etwas unansehnlich zu werden. Die Canon hingegen ist ein klassisches Arbeitspferd, sehr anatomisch und robust. Hier liegt Canon deutlich vorne.
  3. Sensor: Die Sony hat nur 42 statt 50 Megapixel, in der ISO-Empfindlichkeit und beim Dynamikumfang liegt sie aber vorne. Ich mag die Ergebnisse der Canon sehr, auch was die Farbwiedergabe betrifft. Trotzdem geht die Sensorwertung deutlich an Sony, weil aus den Schatten mehr herauszuholen ist und die Daten einfach noch ein bisschen mehr Spielraum haben.
  4. Blitz: Der Sony-Blitz braucht 50% länger zum Aufladen als der 600EX-RT, hat ein nettes Videolicht eingebaut, aber unterstützt noch keinen Funk. Das Canon-Funkblitzsystem ist wirklich genial, wenn ich mit mehr als einem Blitz auf der Kamera arbeiten möchte, ist die Sony raus. Hier siegt die Canon deutlich.
  5. Zuverlässigkeit: Die Sony hat bei mir die Macke, dass sie, wenn ich den Auslöser zu kurz nach dem Einschalten antippe, ich oft nicht auslösen kann, bis ich die Kamera neu gestartet habe. Sie hat mehr Fehlermeldungen auf dem Display angezeigt als ich in fast 20 Jahren bei meinen Canons gesehen habe. Manchmal hat sie auch im Normalbetrieb einfach nicht ausgelöst, ich weiß bis heute nicht wieso. Zudem ist sie seit heute beim Service, weil Sie inzwischen bei jedem Einschalten „Dieses Zubehör wird von dem Gerät nicht unterstützt und ist nicht verwendbar. Bitte die Kompatibilität mit dem Gerät prüfen.“ sagt. Und das auch, wenn außer einem Akku überhaupt kein Zubehör angeschlossen ist, nicht mal eine Speicherkarte.
    Von der Canon gibt es gar nichts zu berichten. Es gab drei Situationen, in denen sie nicht das gemacht hat, was sie sollte, zweimal war ich das Problem, einmal ein Kurzschluss in einem USB-Kabel. Dieser Punkt geht eindeutig an Canon.
  6. Objektivangebot: Das Sony FE 90 mm 2.8 Macro G OSS ist wirklich großartig, Sony kann also Objektive bauen, ZEISS natürlich auch. Aber noch ist das Angebot etwas dünn. Ein scharfes und kompaktes leichtes Weitwinkel hätte ich gekauft, aber es gab nichts, was meinen Ansprüchen genügt hätte. Die Canon-Objektiven arbeiten an der Sony zwar meistens gut, aber für Action-Fotografie ist der AF damit nicht geeignet, die Fokussierung direkt aufs Auge funktioniert damit auch nicht. Bei Canon fehlt eigentlich nur ein perfektes 50mm-Objektiv und das baut Sigma. So geht dieser Punkt auch an die Canon. Allerdings wird Sony da aufholen und ist auch jetzt schon recht gut.
  7. Sucher: Der Sonybildschirm hat Vorteile, wenn man manuell scharfstellt, auch bei schwachem Licht ist er manchmal sehr gut, bei zu schwachem verschmiert er aber. Insgesamt ist er eher pixelig und überscharf, wärend die Canon einen guten klassisch optischen 100%-Sucher hat. Das Livebild ist bei der Sony recht gut, viel besser als bei meiner alten Nikon D800E, aber trotzdem war es leichter, mit der Canon auf helle Sterne scharfzustellen. Ein befreundeter Profifotograf sagte zum Sony-Sucher nur, dass der ausreichen würde, um die Kamera nicht zu kaufen. Für mich ist er eine willkommene Erweiterung, würde mich aber nerven, wenn ich mit der Kamera jeden Job machen müsste. Punkt an Canon.
  8. Bildstabilisator: Die Sony hat einen eingebauten Bildstabilisator, der den Sensor bewegt. Dieser funktioniert sehr gut auch mit lichtstarken Objektiven, die keinen eingebauten IS haben. Außerdem stabilisiert er anderes als bei optischen Suchern auch das Sucherbild. Die Canon unterstützt nur IS in manchen Objektiven, das funktioniert sehr gut, aber dieser Punkt geht eindeutig an Sony.
  9. AF: Der AF der Sony ist meistens sehr genau, da er auf dem Sensor gemessen wird. Dafür ist er nicht wirklich Action-tauglich, schon gar nicht mit Adapter und Canon-Objektiv. In manchen Situationen, wie z.B. im Jazzclub war der AF großartig, in anderen, wie z.B. mit dem Metabones-Adapter und einem Supertele Vögel zu fotografieren, absolut untauglich. Die Canon hat einen klassischen Profi-AF, der mehr an Justage verlangt, dann aber alles kann. Alles. Punkt an Canon. Aber Extrapunkt an Sony für die automatischen AF auf das Auge, der ist großartig. Leider noch nicht mit dem Metabones zu verwenden.
  10.  Akkulaufzeit: Ich habe gleich vier Akkus für die Sony und bekomme die an manchen Tagen alle. Ich bin von Dortmund nach Hamburg gefahren und hatte die Kamera in der Fototasche angelassen mit zwei Akkus auf 100%. Am Ziel sagte die Kamera mir gerade noch, dass die Batterien alle waren. Leider hatte ich da schon das Hotel verlassen und musste den Abend ohne Strom auskommen. Die Canon verbraucht deutlich weniger Strom und wacht auch nicht so einfach aus dem Standby in der Fototasche auf. Für die Sony sollten mehr als doppelt so viele Akkus wie für die Canon einplanen, noch dazu ist der Akkulader sehr langsam, der Akku ist in zwei Stunden leer, aber erst in vier wieder aufgeladen. Punkt für Canon, natürlich.
  11. Verschluss: Die Sony hat einen wirklichen Silent-Modus, bei dem an nur die Blende sich schließen hört, wenn man ganz genau hinhört. Zudem ist der Verschluss auf 500.000 Auslösungen ausgelegt. Bei Canon auf 150.000. Hier geht die Wertung an Sony. Mit einem großen Abzug für die Staubempfindlichkeit. Bei Canon kann man das Thema praktisch vergessen, wenn man das bei Sony macht, sehen die Bilder nach einer Zeit schlimm aus.

Das klingt insgesamt nicht so gut für die Sony, aber der Gesamteindruck ist doch etwas besser. Die Kamera liefert eine sehr gute Bildqualität, ist in vielen Bereichen innovativ und macht auch oft Spaß. Als Universalkamera für einen Fotografen, der damit auch schnelle Aufnahmesituationen abdecken muss, kann ich Sie nicht empfehlen. Für alles was ruhiger ist, wie Architektur, Landschaft und People, schon. Trotzdem vermittelt Sie einem nicht das Gefühl der unbedingten Verlässlichkeit, wie man es als Profi von seiner Kamera erwartet. Die 5DS ist einfach professionell ausgelegt. Das mag manchem langweilig vorkommen, weil es dadurch auch nicht so viele Neuigkeiten gibt und viel Bewährtes zum Einsatz kommt, aber ich vertraue ihr inzwischen, während die Sony heute erstmal zum Service ging (UPDATE 9.1: Heute wiedergekommen, gleicher Fehler, gleich wieder zurückgeschickt. Dabei reichte es, einen Originalakku einzulegen und die Kamera einzuschalten, um den Fehler zu reproduzieren. Das gibt einen neuen Minuspunkt, diesmal zum Thema Service. UPDATE 21.1.: Die Kamera ist wieder hier und funktioniert, die Elektronik wurde ausgetauscht. Was nützt es, wenn der Verschluss 500.000 Auslösungen schafft, wenn die Elektronik nach nicht mal 10.000 den Löffel abgibt?. Ich hoffe, sie hält sich ab jetzt besser.). Die 5DS wird meine Hauptkamera bleiben. Wenn man sich aber anschaut, was Sony heute schon in der Sensortechnik drauf hat und wie schnell sie sich weiterentwicklen, dann muss man die sehr ernst nehmen, auch für den professionellen Markt. Allein der Unterschied zwischen der A7R und der A7R II ist schon beeindruckend. Ich werde die Sony auch behalten, wenn sie sich nicht noch echte Macken zulegt und ihre Vorteile genießen. Allerdings mit der beruhigenden Sicherheit, die darin liegt, auch eine Canon dabei zu haben, die mich auch dann nicht im Stich lässt, wenn es schnell und sicher sein muss.