Nachdem ich die Frage „Nikon oder Canon“ schon immer eher mit „Ja“ oder „Kommt darauf an“ beantwortet habe, möchte ich kurz einen subjektiven aber trotzdem sachlichen Eindruck beider Systeme wiedergeben. Ich habe inzwischen einige Erfahrungen auch mit dem Nikon-System sammeln können und denke, dass ich inzwischen ein Bild der Stärken und Schwächen (wenn das nicht sogar ein zu hartes Wort ist) der beiden Systeme wiedergeben kann:
Nikons Stärken:
- Dynamikumfang und Detailzeichnung. Die Sensortechnik hat hier ihre großen Vorteile. Das wird man auch auf bestimmte Sony-Kameras übertragen können, da Sony Sensoren für Nikon baut.
- Das 14-24mm f2,8 ist ein sehr gutes Weitwinkelzoom, Canon wird wohl erst 2014 etwas vergleichbares bringen.
- Die Belichtungsmessung ist sehr ausgereift, auch die Verbindung von AF mit Belichtungsmesssensor ist sehr gelungen, etwas vergleichbares gibt es bei Canon bislang nur bei der 1D X
Canons Stärken:
- Farbwiedergabe. Gerade Porträts werde ich immer lieber mit Canon machen, weil die Farben einfacher zu korrigieren sind.
- Obwohl nah beieinander, finde ich das AF-System bei Canon etwas besser. Nikon verwendet viele Nicht-Kreuzsensoren, die manchmal erstaunlich blind reagieren. eine 5D Mark III kann da mehr als eine D800. Allerdings ist das Tracking bei Nikon manchmal etwas besser, da der Belichtungsmess-Sensor hilfreiche Informationen liefert.
- Video
- Benutzerführung. Die Menüs sind aufgeräumt, der Schnelleinstellbildschirm wirklich schnell und die Touchscreens bei den kleineren Kameras eine wirkliche Erleichterung.
- Das Blitzsystem mit den neuen Funkblitzen ist das Beste auf dem Markt. Die Bedienung über die Kamera ist sehr gut gelöst, auch die kleinsten DSLRs beherrschen alle Funktionen, während bei Nikon die D3300/D5300 nicht mal Kurzzeitsynchronisation(HSS) können und die Remote-Blitze gar nicht über die Kamera einstellen können, dort muss man alles über den Blitz einstellen und HSS geht überhaupt nicht.
Nikons Schwächen:
- In manchen Situationen liefern Nikon-Kameras schwer korrigierbare Farben, gerade die Farbkipper in den Hauttönen finde ich manchmal lästig.
- Die Bedienung ist weniger konsistent und klar design als bei Canon. wobei Nikon auch ein paar Punkte besser gelöst hat als Canon. Einsteiger werden sich in eine Canon meiner Meinung nach schneller einfinden. Für den Profi ist das nicht ganz so wichtig, solange der sich die Funktionen so konfigurieren kann, dass er schnell herankommt.
- Ab 200mm Brennweite wird es schwierig, da die Konverter eine deutliche Qualitätsminderung bringen und das 80-400mm-Objektiv an die Qualität des sehr guten 70-200mm f2,8 nicht herankommt. Wenn man bei Canon Konverter verwendet, verschlechtert sich die Qualität kaum wahrnehmbar, bei Nikon sieht man es schon im Sucher.
- Das Bajonett ist klein und das Auflagemaß groß. Bestimmte Objektive wie Canons TS-E 17mm f4 wären an einer Nikon kaum zu realisieren.
Canons Schwächen:
- Die Bildqualität in den Schattenbereichen ist nicht so sauber wie bei Nikon. Hier erscheint schnell Farbrauschen.
- Der Dynamikumfang und die Detailschärfe ist nicht so hoch wie bei Nikon.
- Die Belichtungsmessung ist bei kleinen Motiven oder hellen Lichterbereichen nicht so exakt.
In den Foren liest man häufig: „Wenn Canon/Nikon nicht bald das und das bringt, wechsele ich das System“. Das ist meistens nicht so zielführend, denn auch wenn das Gras auf der anderen Seite des Zauns immer grüner erscheint, ist es doch sehr vergleichbar, wenn man es sich näher anschaut. Das sind beides sehr ausgereifte Systeme, die einen Profi kaum einschränken in seinen Möglichkeiten. Für alle anderen, die nicht über die eventuelle Anschaffung von Superteles zum Kleinwagenpreis nachdenken, lohnt sich auch ein Blick zu den anderen Kameraherstellern sehr: Pentax, Sony, Fujifilm, Panasonic und Olympus haben ebenfalls sehr spannende Angebote, mit denen man auch professionell Arbeiten kann, die aber nicht ganz an den Systemumfang der beiden großen herankommen. Wobei der Abstand von Sony nicht mehr so groß ist. Die Firmen, die hier nicht genannt wurden, schließe ich von der sinnvollen Nutzbarkeit keineswegs aus.
Ich selbst werde bei Canon bleiben, aber mit Nikon sicher auch weiterarbeiten. Und ich hoffe sehr, dass sich auch die anderen Kameramarken halten werden oder vielleicht sogar neue dazu kommen, denn das befeuert die Innovationen und hält den Markt spannend im Sinne der Kunden.